von Beate Seelinger
Ein Lob des Lebens sing` ich nicht
und wäre es auch Christenpflicht.
Wir kämpfen uns durch dieses Tal
und oft genug ist`s eine Qual.
Warum sollt ich das Leben loben,
wenn überall nur Kriege toben?
Wenn Hunger ist das Los der Schwestern?
Das gold`ne Alter, das war gestern.
Terror herrscht und Flucht und Not
und Kinder suchen Brot im Kot
an vielen Enden dieser Welt –
nein, es ist nicht gut bestellt
um das Leben heutzutage –
dass es schön ist, ist `ne Sage.
WIR leben gut, wir hier im Westen,
uns`re Salamis sind die besten.
Pasteten essen wir und Torten
verschieden ganz von and`ren Orten,
wo`s Hirse gibt an jedem Tag
und man nicht fragt, ob man das mag.
Sie reicht nicht vorne und nicht hinten,
weil für die Saat Ressourcen schwinden.
Und wissen wir`s nicht gut genug
und Selbstkritik da Not wohl tut:
wir leben in der Brüder Schuld
und pflegen uns`res Wohlstands Kult.
Ich nehm` mich davon gar nicht aus.
Wird`s mir bewusst, ist`s mir ein Graus.
Uns ist Kultur und Geld im Westen.
Wir können uns`re weißen Westen
schmücken mit der Frucht derselben.
Können in Kunst und Luxus schwelgen.
Wir hör`n Konzerte, seh`n Theater
und hab`n vom Wohlstand einen Kater.
Wir pflegen Hobbys, fahr`n in Urlaub,
für die Umwelt ist`s ein Schuldraub.
Wir finden kleine Fluchten hier
und sei`s auch nur das Abendbier.
Doch reicht dies für des Lebens Lob?
Geraten wir nicht in den Sog
des Immer Mehr und Immer Mehr,
weil uns`re Seelen gar so leer,
weil diese Freuden sind recht schal,
bedenken wir der and`ren Qual.
DIE tröstet nicht, was uns noch freut –
es gibt so viele arme Leut`!
Selbst Freundschaft, Liebe, Treu` und Glauben
kann oft die Not dem Menschen rauben.
Und trösten oft nur minimal –
erst kommt das Fressen, dann Moral.
So sage ich mit trübem Herzen:
Die Welt hat in sich zu viel` Schmerzen,
als dass es reicht für lautes Singen
und für ein Lob den schönen Dingen.
Doch ein Lob den kleinen Fluchten,
die doch so manchen Trost uns fruchten.
Ja, das Leben ist schon schmerzlich,
doch was wir lieben freut uns herzlich.
Seis`s auch nur für den Moment –
gelobt sei der, der das noch kennt!