von Maja Prée
Im August war es ein Jahr, dass ich mich entschieden hatte das Deutschlandticket zu abonnieren und rege zu nutzen. Ich habe es nie bereut.
Meist blieb ich in der Region, im Umkreis von 100 km. Früher bin ich diese Strecken mit dem Auto gefahren. Habe dabei die Unabhängigkeit der selbstbestimmten An- und Abfahrtszeiten zu schätzen gewusst. Bahnfahren ist anders und immer mit Unwägbarkeiten verbunden. Aber Bahnfahren gibt Gelegenheit den Blick schweifen zu lassen und mit anderen ins Gespräch zu kommen. Oft war das der Fall, wenn es eine kräftige Verspätung, einen Zugausfall oder eine technische Panne gab.
Und jetzt, mit dem Entschluss diesen Artikel zu schreiben, wurde mir bewusst – dass keiner der Mitreisenden lautstark gemeckert hatte. Eher Verständnis – beim Feuerwehreinsatz an der Strecke, bei einer defekten Weiche die stundenlang den Zugverkehr blockierte oder wenn wieder mal Kupferkabel geklaut worden sind. Da allerdings hat man kein Verständnis für die Verursacher. Sich auf Kosten der Bahn und vieler Reisender zu bereichern … das ist nicht fair.
Es war ein warmer Tag im Juli und ich hatte einen Ausflug mit der Südthüringen Bahn nach Erfurt unternommen. Ich ließ mich treiben, wusste ich doch es fährt jede Stunde ein Zug in meine Heimatrichtung und am Erfurter Bahnhof gibt es ein gut sortiertes Buch- und Zeitschriftengeschäft in dem ich hätte herumstöbern können. Die Anzeigetafel verriet mir, dass eine Regionalbahn mit etlichen Minuten Verspätung noch am Bahnsteig stand. Ich nutzte die vermeintliche Chance um eher nach Hause zu kommen, so wie auch mein späteres Gegenüber. Sie freute sich, nach einer nicht geplanten Überstunde die Zeit auf diese Weise wieder einsparen zu können.
Unterwegs musste uns die Zugbegleiterin dann leider mitteilen, dass auf Grund der Störung an einer Weiche der Zug nicht bis Meiningen durchfahren könne. Wie weit wir kommen, weil eventuell Rückstau auf der Strecke, sei noch unklar. Mein Gegenüber hatte Glück – sie konnte an ihrer gewohnten Haltestelle aussteigen und kam damit zur gewohnten Zeit nach Hause.
Die Zugbegleiterin telefonierte viel und fragte immer wieder nach, wie der Sachstand ist, um die Fahrgäste zu informieren. In Dietzhausen, ein paar Kilometer hinter Suhl war dann endgültig Schluss. Wir mussten alle den Zug verlassen – dieser fuhr nach Erfurt zurück – und wir standen nun an dieser Bedarfshaltestelle. Ein Ort wo es nichts weiter als den Bahnsteig gab.
Die Zugbegleiterin kümmerte sich um jeden von uns, gab ihren Wasservorrat weiter an eine Familie mit Kind und bemühte sich um die Vermittlung von Fahrgelegenheiten für uns Gäste.
Vielleicht 20 Minuten später kam der Zug mit dem ich normalerweise gefahren wäre. Und – welch Freude – inzwischen war auch der Defekt auf der Strecke behoben.
Mit imponierte die Ruhe und Fürsorge mit der die Zugbegleiterin für uns Reisende da war. Aber es freute mich auch, dass keiner der Mitreisenden ein böses Wort verlor. Keiner hätte damit etwas ändern können. Nur die Stimmung wäre schlechter geworden.
Tagtäglich werden Tausende Menschen von den verschiedenen Bahnunternehmen befördert. Ohne moderne Technik und Wahrscheinlich Künstliche Intelligenz wäre das kaum möglich. Und trotzdem ist es der Mensch der zuletzt dafür sorgt, dass jeder mehr oder weniger gut und pünktlich an seinem Ziel ankommt.