von Carmen Hill
Vor fünf Jahren durfte ich einen meiner Träume erfüllen und in der Medina (Altstadt) von Hammamet wohnen. Es war pures Glück, dort eine Wohnung zu finden. Das Schicksal half mir dabei.
Zuerst hatte ich eine Wohnung bei meiner Familie, die im Landesinneren in Tunesien wohnte. Mit dem Überlandtaxi brauchte ich meist eine Stunde bis Nabeul ans Meer. Oft fühlte ich mich dort auch einsam, es war nicht das, was ich wollte, und es war sehr ländlich. Urlaub und Besuch zu machen war immer okay. Da wohnen ist anders! Durch das Smartphone mit What`s App hatte ich mit meiner Freundin und mit meinem Ex-Mann (der Tunesier ist) Kontakt, sie gaben mir Mut, nicht aufzugeben. Es half alles nichts, ich musste ein paar Tage raus. Also fuhr ich nach Hammamet, dort fand ich ein kleines Hotel direkt am Meer, (denn ich wollte ja Meer und Mehr). So konnte ich nachdenken, was ich denn genau will!
Bei meinen Streifzügen durch die Medina fand ich eine kleine Galerie. Da muss ich rein, dachte ich, Bilder anschauen. Der Maler sprach gut Deutsch und wir unterhielten uns über alles Mögliche. Auf einmal meinte er: „Du bist doch aus der Pfalz!“ „Ja, das ist so.“ Er sagte, er habe jahrelang in Landau gewohnt und sein bester Freund in Neustadt/Weinstraße. „Er war auch Übersetzer für Arabisch.“ „Wie hieß er denn? – Oh, den kenne ich auch!“
Das Gespräch ermutigte mich, nach einer Wohnung in der Medina zu fragen. Er meinte: „Es ist schwer hier. Komme morgen wieder.“
Am nächsten Tag war ich da. „Du hast Glück, komm` mit, ich habe was für dich, klein aber fein. Natürlich ging ich mit und wir standen auf einmal vor einem hohen, schmalen, weißen Haus mit blauen Fensterrahmen. Das sah schon mal super aus. Als er die Türe aufschloss, war im Entree gleich die Einbauküche mit Sitzecke. „Nicht schlecht“, dachte ich. Treppe hoch ein kleines Wohnzimmer mit TV, kleines Gästezimmer und WC. Treppe noch mal hoch, Schlafzimmer und ein kleines Bad mit WC und Dusche. Es war alles gut und sehr sauber. Ist schon mal was! Jetzt kam der Clou: Noch eine Treppe – wow, das war`s!
Eine Sicht über den Golf von Hammamet bis ins Atlasgebirge mit dem markanten Berg von Zaghouan. Die Altstadt mit der Moschee, das alte Fort und noch einiges mehr. Ja, das will ich, da will ich wohnen! Der Haken ist noch die Vermieterin, sie muss einverstanden sein, und wie hoch wäre die Miete? Die Vermieterin war eine liebe, nette, ältere Tunesierin. Wir waren uns sofort sympathisch, die Miete wäre 180,00 Euro im Monat (in der BRD wären es sicherlich 1.800,00 Euro gewesen!). Ich bekam die Wohnung.
Meiner Familie war es nicht sehr recht, dass ich fortzog. Da sie ein Auto hatten, halfen sie mir beim Umziehen und freuten sich dann doch für mich.
Noch oft denke ich an die schönen, rotgoldenen Sonnenuntergänge und –aufgänge. Das grün, blau, manchmal in allen erdenklichen Farben leuchtende Farbenspiel des Meeres. Das silbergraue Meer bei Vollmond. Die Wolkenformationen, wenn es Regen gab. Die Vögel singen hören und ich lauschte gern dem Singsang des Iman aus der Moschee. Über mir der Himmel – es war einfach grandios! Diese Terrasse mit diesem Naturschauspiel vermisse ich sehr. Auch darf ich nicht vergessen, zu erwähnen, in der Medina sagten sie oft zu mir: „Du gehörst hier zu uns, wir sind deine Familie und in fünf Jahren bist du uns immer noch willkommen.“
Ich danke der höheren Macht, dem Schicksal, das mir das Geschenk gemacht hat (und mein Traum sich erfüllen konnte), und nur Gutes für mich wollte. „Das hast du verdient!“, bekam ich öfters von den Tunesiern gesagt. Ich hoffe, bald wieder nach Tunesien zu meiner Familie und in die Medina fliegen zu können.
Inch Allah!