von Dorothee Durka
Dank – an wen geht er eigentlich?
Braucht das Verb ‚danken‘ nicht ein Objekt?
Nicht nur nach meinem Gefühl, sondern auch im digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache finde ich: danken oder dankbar sein wird mit einem Dativobjekt verbunden: Wem bin ich dankbar, wem danke ich? Bei einem menschlichen Gegenüber ist die Antwort kein Problem: den Eltern für die gute Erziehung, für die gute Ausbildung, den Freunden für ihre Zuwendung oder ihre Hilfe. Diese Reihe lässt sich beliebig fortsetzen.
Aber wer ist das Objekt, wenn ich dankbar bin für mein gutes Leben, für die Genesung von einer Krankheit, dafür, dass es uns in unserem Land ohne Krieg und größere Not so gut geht etc.? Wem danken wir dafür? Können wir dem Schicksal danken, das es so gut mit uns gemeint hat? Oder dem Zufall? Aber wer oder was ist das, das Schicksal oder der Zufall? Sind es nicht abstrakte Begriffe? Wie können wir einem abstrakten Begriff danken?
Früher: Gott war der Adressat des Dankens
In frömmeren Zeiten hat man alles von Gott entgegengenommen und ihm gedankt, für das Gute und das Schlimme, dessen Sinn er wohl kennen würde, der uns aber verborgen bliebe. Nach meiner Kenntnis und in meinem Umfeld erfahre ich, dass dieser Glaube nicht mehr selbstverständlich ist. Wie kann es sein, dass es mir und uns hier so gut geht, während Millionen von Menschen im Elend leben? Warum beschert er mir Gesundheit, aber lässt so viele elend sterben?
Die Frage nach Gott in Anbetracht des Leids der Welt
Manche finden vielleicht meine Fragestellung naiv, aber diese Frage – in der Theologie nennt man sie die Theodizee-Frage, das bedeutet die Frage nach der Rechtfertigung Gottes im Angesicht des Leids der Welt – hat noch keine Religion überzeugend beantworten können. Wie soll man sich eine höhere Macht vorstellen, die allmächtig und gütig sein soll, aber so viel Leid aller Art zulässt? Die die einen gut leben lässt, viele andere im Elend? Die Erklärung, dass alles (vieles allerdings schon) von Menschen gemacht und der Freiheit des Menschen geschuldet ist, zieht für die meisten nicht mehr und stimmt auch nicht. Viele Menschen haben aus diesen Überlegungen heraus ihren Glauben an Gott aufgegeben.
Glücklich oder froh – statt dankbar
Deshalb halte ich es für mich persönlich so: Ich verwende das Wort danken nur dann und selbstverständlich, wenn ich ein persönliches Gegenüber habe. Wenn ich kein persönliches Gegenüber habe, verwende ich lieber die Wörter ‚froh‘ oder ‚glücklich‘.
Statt ‚Ich bin dankbar für meine Gesundheit.‘ denke ich: ‚Ich bin froh und glücklich über meine Gesundheit.‘. Statt ‚Ich bin dankbar, dass ich so alt werden darf.‘ denke ich: ‚Ich bin froh darüber, dass ich so alt werden darf.‘. Statt ‚Ich bin dankbar, dass ich gesunde Enkel habe.‘ denke ich: ‚Ich bin froh und glücklich, dass ich gesunde Enkel habe.‘.
Wenn ich die Adressaten kennen würde, würde ich sie ja auch anreden. So überlasse ich es weiteren Überlegungen und zerbreche mir auch immer wieder den Kopf, wem ich danken könnte. Einer altruistischen Einstellung aus Freude und Zufriedenheit heraus gegenüber denen, denen es nicht so gut geht, tut das keinen Abbruch.