von Jutta Zörb-Arnoldi
Ist das nicht eine Provokation, einen solchen Titel zu wählen? Wie können und sollen wir in diesen Zeiten auch noch dankbar sein? Wir werden unserer Freiheit und Lebensqualität beraubt. Keine Reisen in ein Urlaubsland unserer Wünsche. Keine lockeren Treffen in Cafés und Kinos. Kein Weihnachten im Kreise der Familie mit Enkeln und Großeltern.
Uns allen wird seit über eineinhalb Jahren ein großer Verzicht auferlegt: Verzicht auf Kontakte, Geselligkeit und Konsum. Doch nicht nur das. Menschen sind alleine in Pflegeheimen und Krankenhäusern. Familien und Alleinerziehende mühen sich mit Homeschooling und Homeoffice ab. Restaurants und Geschäfte melden Konkurs an und Existenzen sind zerstört. Und die Armen der Ärmsten trifft es am härtesten. Obdachlose und Menschen, die auf Stütze und Tafeln angewiesen sind, sind ungeschützt und ausgeschlossen. Corona bringt die soziale Ungerechtigkeit deutlich ans Licht.
Wir alle müssen unser Leben bewältigen, das ist schwer genug. Und jetzt unter Corona ist das eine zusätzliche Herausforderung und Zumutung. Wie kann man da von Dankbarkeit reden? Zudem: ist der Verzicht durch Corona nicht erst der Anfang eines langen globalen Weges, um der Klimakatastrophe, der Umweltzerstörung, der Verschuldung und den unsäglichen Flüchtlingsdramen entgegenzuwirken? So viel Leid und Elend und Verzicht liegen noch vor uns. Wie kann man da von Dankbarkeit reden???
Hier müssen wir alle tief durchatmen und innehalten. Dankbarkeit. Sagen Sie es laut. „Dankbarkeit. Ich bin dankbar.“ Lassen Sie sich Zeit. Spüren Sie dem Wort nach. Was spüren Sie?
Was macht das Wort mit mir? Es bringt mir ein Stück Frieden. Es macht mich etwas ruhiger. Es verändert meinen Blick. Es bringt mich zu meinen Ressourcen.
Vor 7 Jahren war ich in einer schweren Krise … und … ich habe ein Dankbarkeitstagebuch angelegt. Jeden Tag drei Dinge, für die ich dankbar war. Für einen Sonnenstrahl, für einen Vogel vor meinem Fenster, für ein Eichhörnchen, welches schnell den Baum hochhuschte. Für ein Lächeln im Supermarkt, für ein Gespräch mit Nachbarn, für eine eingeworfene Grußkarte. Für meine warme Wohnung, für das warme,frische Wasser zum Duschen, für meinen leckeren Kaffee. Anfangs waren es drei Dinge, die ich aufgeschrieben habe, doch bald füllten sich meine Dankbarkeitstagebuchseiten mit Leichtigkeit und Fülle. Ich veränderte mich und begann von innen heraus zu strahlen. „Es gibt keinen Weg zum Glück. Glücklich-sein ist der Weg.“ Buddha
Ein Prozess begann, welcher mir meine wesentlichen Bedürfnisse nahebrachte. So wie der Verzicht durch Corona uns allen deutlich vor Augen bringt, was uns wirklich wichtig ist und auf was wir gut verzichten können. Dankbarkeit ist der Beginn einer Heilung. Sie bewirkt wirklichen Frieden, sattes Glück und authentische Verbindungen mit sich selbst und anderen. Im Licht der Dankbarkeit können wir unsere Sorgen und Ängste loslassen. Das Leben wird leichter.