von Maria Schmelter
Wie bin ich nur hierhergekommen? Alles sieht aus wie in einem teuren Hotel, der Empfang, bei dem man sich an- und abmelden soll, und die großzügige Eingangshalle, in der man auf seinen Besuch warten kann. Da sitze ich nun, aber keiner kommt.
Wahrscheinlich haben mich die Kinder hierhergebracht, weil sie mal wieder eine gute Tat vollbringen wollten. Aber haben sie vergessen, dass ich Hotels gar nicht mag, weil sie mir viel zu anonym und zu teuer sind?
Jetzt lassen sie sich nicht blicken und ich kann ihnen nicht sagen, dass ich wieder nach Hause möchte, weil ich mich da viel wohler fühle. Dort vorne an der Rezeption gibt es Ansichtskarten. Da werde ich eine erstehen. Ich kaufe auch noch eine Zeitung und dann lasse ich mich wieder in der Nähe des Eingangs nieder. Jetzt kommt ein netter älterer Herr, der scheint hier zu wohnen, und ich frage ihn, ob er mich mitnehmen könnte ins Zentrum. Er lächelt freundlich und sagt, natürlich. Wir gehen gemeinsam zum Parkplatz, steigen in sein Auto ein und weg sind wir. Der Weg ist gar nicht so weit. Parken müssen wir in einem von diesen grauenhaften Parkhäusern. Ich werde mich einfach an seine Fersen heften, um da ‘rauszufinden. Als wir draußen im Sonnenlicht stehen, sagt er, er wolle ein paar Besorgungen machen und ob wir uns so in einer Stunde im Cafe am Markt treffen wollten. Ich sage, das sei eine gute Idee, und ziehe los.
Aber mir kommt so rein gar nichts bekannt vor. Ich gehe auf die große Kirche zu, trete ein und bin von Dämmerlicht umgeben. Vorne, nahe am Eingang, kann man Kerzen anzünden, vielleicht hilft das. Ich erinnere mich nicht, schon einmal in dieser Kirche gewesen zu sein. Ich fühle mich ganz fremd. Dann suche ich mir jetzt ein schönes Café und lasse es mir bei Kaffee und Kuchen gut gehen. Ich nehme unter einem großen Sonnenschirm Platz und bestelle ein Stück Schwarzwälder und ein Kännchen Kaffee. Ja, das ist so richtig nach meinem Geschmack. Ich genieße meinen Kaffee und meinen Kuchen und fühle mich wie im Urlaub. Aber ich war doch nie allein, wo ist denn Erwin, mein Mann geblieben? Der hat sich doch immer um alles gekümmert. Vielleicht musste er noch etwas besorgen.
Jetzt kommen zwei nette junge Polizisten an meinen Tisch und fragen mich nach meinem Ausweis. Warum man das heute so macht? Ich habe doch nichts verbrochen. Ich nehme mein Portemonnaie aus meiner Handtasche, aber ich kann meinen Personalausweis darin nicht finden. Er war doch immer da. Da fällt die Ansichtskarte vom Hotel aus meiner Tasche, und sie sagen, sie würden mich gerne dorthin begleiten.
Ich muss noch meine Rechnung begleichen, winke der Kellnerin, sage ihr, wie gut es mir geschmeckt hat, schiebe einen Schein rüber und sage, es stimmt so.
Dann folge ich den beiden jungen Herren. Also in einem Polizeiauto bin ich noch nie gefahren, aber ist auch schön. Die Polizisten begleiten mich hinein und da ist eine große Aufregung. Ich bedanke mich für den freundlichen Service und frage, was ich schuldig bin. Aber sie sagen, es ist schon gut.
Da kommt mein Sohn auf mich zu. Mama, was hast du uns für einen Schreck eingejagt? Wieso, ich war doch nur in der Stadt ein Stück Torte essen. Mein Sohn begleitet mich aufs Zimmer und erklärt mir, dass er mit seiner Familie morgen für 2 Wochen in Urlaub fährt und dass ich diese Zeit hier verbringen soll. Er hat mir das alles auf einen großen Zettel geschrieben, den er mitten auf den Tisch gelegt hat.
Ich wäre lieber in meiner Wohnung geblieben, aber, wenn er meint, bleibe ich halt hier.