Über die christlich begründete Familie und das Objekt amtlicher Betrachtung

von Martin P. Wedig

Zusammenfassung

Unser Verständnis von Familie ist von religiösen Maßstäben für die Gläubigen geprägt worden. Der Staat hat anstelle mildtätiger Fürsorger kleiner Siedlungsgemeinschaften die Fürsorge für die Bedürftigen übernommen. Die erfahrbare Familie bildet einen Kontrast zum nicht definierten Legalobjekt Familie. Aufgrund längerer Ausbildungszeiten und unsicherer wirtschaftlicher Lage heiraten Paare später und die Kinderzahl nimmt ab. Scheidung und Tod schwächen Familien. 1% der Bundesbürger sind Waisen.  Familien halten länger zusammen. Witwen bleiben arm. In Familie Gaudium Est.

Namque matrimonium est eventus, qui non tantummodo facturos nuptias respicit. Die Eheschließung ist denn ein Ereignis, das nicht zur Brautleute betrifft.

Die katholisch-christliche Begründung von Ehe und Familie

Katholisch kanonisches Recht definiert die Verwandtschaft horizontal und vertikal. Die Seitenlinie der Verwandtschaft betrifft Geschwister, Vettern, Cousinen, Onkeln, Tanten. In der der direkten Linie der Verwandtschaft stehen die Vorfahren und die Nachfahren.  Die Ehe betrachtet die katholische Kirche als eine naturrechtliche Verbindung zwischen Mann und Frau mit der Offenheit für Kinder. Der Mensch, von Gott geschaffen, in seiner Natur von Gott geformt, schließt ein unauflösliches Bündnis zwischen Mann und Frau, die in personaler Liebe verbunden sind. Die Einigkeit des Paares ist Ehekonsens, ist Vertrag und etwas darüber hinaus. Dies führte zum Begriff des „Matrimonium contractus sui generis est“, der Ehevertrag hat seine Eigenart im Unterschied zu sonstigen vertraglichen Vereinbarungen.

Sakramentale Erhöhung des Ehebundes

Das zweite Vatikanische Konzil führte den Begriff des Ehebundes als Abbild des Bundes zwischen Gott und Menschen ein. Der Codex des kanonischen Rechtes behandelt in den Paragraphen 1055 bis 1165 die Ehe. In  Can. 1055 — §  steht: „Der Ehebund, durch den Mann und Frau unter sich die Gemeinschaft des ganzen Lebens begründen, welche durch ihre natürliche Eigenart auf das Wohl der Ehegatten und auf die Zeugung und die Erziehung von Nachkommenschaft hingeordnet ist, wurde zwischen Getauften von Christus dem Herrn zur Würde eines Sakramentes erhoben.“ Als Sakrament macht der sichtbare Ritus der Ehe die unsichtbare Wirksamkeit Gottes gegenwärtig  und läßt an ihr teilhaben.  Wer denn nun das Sakrament spendet, ist strittig.

Ehehindernisse

Ehehindernisse göttlichen Rechtes sind ein bestehender Ehebund oder Impotenz sowie die vertikale Verwandtschaft in gerader Linie. Ehehindernisse kanonischen Rechtes sind Schwägerschaft, Priesterweihe sowie verschiedene Religionsbekenntnisse und der Gattenmord. Im Einzelfall kann die Kirche bei kanonischen Ehehindernissen Dispens erteilen.

Gegenwärtig schieben junge Menschen die Eheschließung wegen langer Ausbildungszeiten und der beruflichen Situation auf. Lehrer warten beispielsweise ihre Verbeamtung ab. Bei der Geburt des ersten Kindes ist die Mutter häufig über 30 Jahre alt.

Kind oder Kegel

Uneheliche Kinder, vom Vater anerkannte Kinder eines Adeligen wurden im Mittelalter als Bastard bezeichnet. Ohne solche Anerkennung wurden die unehelichen Nachfahren als Bankert oder Kegel bezeichnet (Vgl. die Redwendung „mit Kind und Kegel“). Die anerkannten Bastarde durften das väterliche Wappen unter Beifügung des „Bastardfadens“ führen. Bastarde waren erbberechtigt an frei verfügbarem Eigentum (Allod), nicht dagegen an Lehen, das im Obereigentum des Lehnsherren verblieb. Bürger und kirchliche Stifter besaßen Allod. Hierin findet sich ein Ursprung des familiären Besitzes und dessen Vererbbarkeit und Verfügbarkeit (Vgl. Schatulldorf in Wedig, M.P.: Familia Wedig).

Familie als nicht definiertes Objekt des Schutzes

Im Bürgerlichen Gesetzbuch gibt es keine Legaldefinition der Familie. Das Familienrecht als Teil des Zivilrechtes behandelt Personen, die durch Ehe, Lebenspartnerschaft, Verwandtschaft oder Adoption miteinander verbunden sind in unterschiedlichen rechtlichen Zusammenhängen als Familie. Im Sozialrecht regelt die Kinder- und Jugendhilfe die Wohlfahrtspflege. Elterngeld nach der Geburt von Kindern und Elternunterhalt bei Bedürftigkeit der Eltern, Kindergeld für die Versorgung des Kindes, Mutterschutz während der Mutterschaft und Rechtsansprüche auf öffentliche Kinderbetreuung sind gegenüber dem kanonischen Recht konkrete Hilfen für als Familie behandelte Verbünde von Personen.

Familien sind somit rechtlich ein Handlungsfeld für Verantwortliche zur Wahrnehmung von Interessen von kleinen Personengemeinschaften, Einzelpersonen. Waisen sind Kinder und Jugendliche vor dem vollendeten 18. Lebensjahr, deren Eltern verstorben sind, bei Halbwaisen ein Elternteil, bei Vollwaisen beide Elternteile.  Krankheiten, Kriege, Katastrophen sind führende Ursachen der Verwaisung. Werden Waisen  im Falle des Fehlens fürsorglicher Verwandter durch das Jugendamt Pflegeltern zugeführt, entsteht somit eine Pflegefamilie. Eltern können testamentarisch einen Vormund benennen, der beim Versterben der Eltern die elterliche Sorge zum Kindeswohl übernimmt. Allein schon seine Verpflichtung zur regelmäßigen Berichtslegung unterscheidet den Vormund von einem Verwandten. Die Beziehung zwischen Vormund und Mündel ist eine übertragene Pflicht oder eine zugeordnete Aufgabe. Sie ist nicht familiär. Stiefkinder sind aus anderen Partnerschaften in eine Familie eingebrachte Kinder und umfassen auch Adoptivkinder und Pflegekinder.

Die äußere Betrachtung der Familie zwischen Beobachtung und Bedarf für Kinder unter 25 Jahren

Im Mikrozensus, einer statistischen Haushaltsbefragung von 810.000 Menschen in 270.000 Haushalten, ist eine Familie eine Beobachtungseinheit von verheirateten Ehepaaren, nichtehelichen, gemischtgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften, gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften und Alleinerziehenden mit Kindern. Die durchschnittliche Haushaltsgröße ist 2,0 Personen pro Haushalt. 2021 erzielten diese Haushalte ein Bruttoeinkommen von 4.979 €/Monat.  Das Heiratsalter stieg in den vergangen 20 Jahren bei Frauen um 3,8 Jahre, bei Männern um 3,3 Jahre an.  Lexikalisch ist der Familie die Gesellschaft als nächstgrößere Einheit übergeordnet. Der Begriff der Sippe, der Verwandtschaft als Gemeinschaft von auch entfernteren Verwandten mit gemeinsamen Traditionen und Riten auch Nachnamen oder Wappen ist in die historische Vergangenheit abgedrängt worden. Dagegen erscheint in überwiegend negativer Konnotation der Begriff Klan für Großfamilien mit praktizierter Phratrie und eigengesetzlicher Fehde.

Eine Bedarfsgemeinschaft ist eine Gemeinschaft zusammenlebender und gemeinsam wirtschaftender Menschen, von welcher mindestens ein Mitglied erwerbsfähig und leistungsberechtigt nach Sozialgesetzbuch  II ist. Nicht dauerhaft getrennt lebende Eheleute, ebensolche gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und im Haushalt lebende Kinder unter 25 Jahren zählen hierzu. Eine anderen Statistiken vergleichbare, exakte Größe der Familien, welche Bürgergeld empfangen, ist nicht bekannt. Da Einzelpersonen einen Regelsatz von 563 € erhalten, eine fünfköpfige Bedarfsgemeinschaft dagegen nur 2.182 € anstelle des 5fachen Regelsatzes, besteht ein Anreiz zur Vereinzelung der Leistungsbezieher mit jeweils eigenen Kleinstwohnungen, mit insgesamt höheren Kosten als bei einer Gemeinschaftsunterkunft.

Beständigkeit von Ehe und Familie

Weltweit variiert die Dauer einer Ehe beispielsweise zwischen 8 Jahren in den USA und 18 Jahren in Italien. In Deutschland betrug die durchschnittliche Ehedauer bis zur Scheidung im Jahr 2021 15,1 Jahre. Seit 2012 ist die Scheidungsrate rückläufig. 4,5 Mio. Deutsche sind Witwen und mehr als eine Million Deutsche sind Witwer.  Die durchschnittliche Witwenrente betrug 2022 734 €/Monat (Vgl. Wedig, M.P. Arm und ausgegrenzt. Lerncafe 78). 800.000 Kinder in Deutschland sind Waisen. 

Anekdotischer Ausklang

Es war wohl weiland als mein Sohn im Kleinkindesalter lernte, dass Ganter und Gans Gössel bekommen, dass Hahn und Henne Küken haben. Schwierig, jede Familie anders. Er überlegte damals auch wann eigentlich „früher“ war, denn das war weder gestern noch vergangene Woche, eben früher. So fragte ich den kleinen klugen Kopf (3K):  Was gibt uns die Kuh?  – Milch. Was gibt uns das Pferd? – Seine Kraft. Was geben uns Schafe? – Ihre Wolle. Was aber geben uns Kinder?“  3Ks Antwort nach kurzer Überlegung: „Freude!“.


Literatur:
Codex des kanonischen Rechtes Buch IV, https://www.vatican.va/archive/cod-iuris-canonici/deu/documents/cic_libro4_cann1055-1062_ge.html
https://www.zeit.de/gesellschaft/2024-02/deutschland-heirat-durschnittliches-alter-steigt-an
Redesigned microcensus as of 2020 – German Federal Statistical Office (destatis.de)

KI-Unterstützung:
Künstliche Intelligenz wurde bei der dialogischen Recherche mit BING verwendet.