von Maja Prée
Unser Vater war ein begeisterter Pilzsucher. Noch heute stehen die Bücher dazu im Regal. Inzwischen werden sie leider kaum noch in die Hand genommen, Pilze suchen ist nicht mehr der Trend.
Meine Eltern hatten in der Zeit meiner Kindheit noch kein Auto. Man fuhr mit dem Zug oder mit dem Bus dorthin. Der Rucksack mit der Verpflegung war ein typisches Utensil. Und so zogen wir, meist im September, manchmal auch noch im Oktober bei entsprechendem Wetter los und gingen auf Pilzsuche. Wir Kinder lernten vom Schauen. Unser Vater kannte sehr viele Pilze, hatte auch eine Sachkundigen- Prüfung abgelegt.
Am Anfang war das Ergebnis bei uns Kindern nicht so toll. Später sagte ich dann lachend zu meinen eigenen Kindern: „Man muss das „Pilzauge“ trainieren“. Ist es doch so, dass sich die kleinen Schirmlinge meist durch ihre Färbung gut tarnen. Allerdings lernten wir auch, beim Fund eines Pilzes im Umfeld noch genauer hinzuschauen. Durch das Myzel, das Pilze bilden, findet man oftmals im Umkreis von wenigen Metern weitere Exemplare. Gleichzeitig lernten wir auch, dass die meisten Pilze in Symbiose mit bestimmten Bäumen wachsen.
Wenn die Körbe gut genug gefüllt waren, ging es wieder nach Hause. Nun war der zweite Teil der Arbeit dran: Pilze putzen. Dabei saß die Familie in der Küche gemeinsam am Tisch. Auch hier waren wir eingewiesen worden, wie zu putzen ist, bei welchem Pilz die Haut des Hutes abgezogen werden sollte. Schwarze Finger waren dann ganz normal und es kam die Wurzelbürste zum Säubern der Hände zum Einsatz.
Das dann daraus zubereitete Pilzgericht schmeckte uns allen sehr gut. Der Aufenthalt an der frischen Luft und das gemeinsame Verarbeiten des Sammelgutes hatten Appetit gemacht.
Wenn genug gefunden worden war, wurden einige Pilze getrocknet und wenn möglich auch eingekocht. Auch hier war unsere Hilfe bei der Vorbereitung des Einkochens gefragt. Gläser aus dem Keller holen, heiß ausspülen. Schön war es, wenn wir die Einweckgläser dann auch noch mit verschließen durften. Handfertigkeiten, die mir dann später selbst zugute kamen.
Auch wir waren als junge Familie mit den Kindern oft im Wald zum Pilze sammeln unterwegs. Die Familie meines Mannes war ebenso pilzinteressiert. Jetzt sind die Einfahrten zu den Wäldern in der Nähe oftmals mit Schranken versperrt. Und mit dem Alter lässt die Trittsicherheit nach. Somit sind Pilzspaziergänge selten geworden. Aber die Erinnerung an die Kindheit und das, was wir damals gelernt hatten, ist geblieben. Nur das „Pilzauge“ hat leider an Sehschärfe verloren.