Nachruf für Brigitte Höfer

von Carmen Stadelhofer

Über Brigitte einen Nachruf zu schreiben, fällt mir schwer, so dicht, so umfassend, so weitläufig sind die Erinnerungen an sie, an unsere gemeinsame Zeit bei ViLE und die daraus entstandene persönliche Freundschaft zwischen uns. An Brigitte denken bedeutet auch, die Geschichte von ViLE Revue passieren zu lassen, denn sie war nicht nur über viele Jahre eine interessierte Teilnehmerin an vielen Veranstaltungen, sie war von 2007 an über 10 Jahre engagiertes Vorstandsmitglied, über lange Jahre auch stellvertretende Vorsitzende, sie wirkte auch aktiv, ideenreich und nachhaltig in vielen Projekten von ViLE mit.  Ob bei den Seminaren in Bad Urach, als Lesepatin in Alt-Jung-Projekten, Senior-Redakteurin im LernCafe, Mitinitiatorin und Inputgeberin im Frankfurter VILE-Lesekreis, als Teilnehmerin auf ViLE-Reisen, Mit-Organisatorin von thematischen Präsenz- und Online-Workshops, Mitgestalterin der Website, Mitwirkende in europäischen Projekten….

Wenn ich an unsere Zusammenarbeit in vielen Aktivitäten bei ViLE denke, tauchen bei mir Bilder auf von einer umfassend engagierten Frau mit großem Herz, die sich mit vielen Ideen und großer Tatkraft einbrachte. Ihr gesellschaftsbezogenes und gesellschaftskritisches Denken gab den Diskussionen viele Impulse. Brigitte bezog Position, stand zu ihrer Meinung. Wenn sie von etwas überzeugt war, zog sie das durch. Manchmal war sie unbequem, widerständig. Sie konnte sich ungemein über Dinge aufregen, die sie als unrichtig oder ungerecht empfand, sie machte aber auch Kompromisse und reichte nach einer inhaltlichen Auseinandersetzung dem Gegenüber immer wieder die Hand. Das habe ich an ihr immer sehr geschätzt. Wer Hilfe nötig hatte, konnte auf sie zählen.

Brigitte blickte stets über ihren Tellerrand hinaus, als überzeugte Europäerin wirkte sie in zahlreichen europäischen Projekten von ViLE oder dem ZAWiW mit. Ihre zahlreichen Reisen mit ihrem Mann Dieter waren Quell für interessante Berichte, Erzählungen und politische Reflexion.

Neben ViLE gab es noch viele weitere Bereiche, in denen sich Brigitte engagierte – als ehemalige Lehrerin in verschiedenen Bildungsinitiativen und in der GEW, in verschiedenen Frauenprojekten, in Fair-World-Initiativen. Der Einsatz für eine solidarische und gerechtere Welt war für sie von großer Bedeutung. Von dort brachte sie immer wieder wichtige Impulse in unsere ViLE-Arbeit ein.

Brigitte war umfangreich belesen, sie konnte bei den Treffen oder im ViLE-Forum gute Analysen machen und Anregungen geben, ob zu Sachliteratur oder Belletristik, sie sang über viele Jahre begeistert in Chören mit, das künstlerische Gestalten (Malen, mit Ton arbeiten) , spirituelle Seminare und Yoga waren für sie der Ausgleich zu ihrem sonst so umtriebigen Leben.

Als ihr Mann 2016 in Folge einer schweren Krebserkrankung starb, war das ein tiefer Einschnitt in Brigittes Leben. Sie sortierte manche Dinge neu, aber war weiterhin im Einsatz für die Dinge, die ihr wichtig waren.

Als sie selbst im Frühjahr 2020 schwer erkrankte, fühlte sie sich noch einmal vom Leben herausgefordert. Sie ließ sich nicht unterkriegen, trotz aller Strapazen war sie voller Hoffnung, tapfer und fasste neuen Mut. Als sie sah, dass sie keine Chance gegen dieses üble Gegenüber Krebs hatte, entschied sie sich zu gewinnen, indem sie sich selbständig und selbstbewusst der bevorstehenden Endlichkeit ihres Lebens stellte. Umsichtig regelte sie die Dinge ihres Lebens und ihre Hinterlassenschaften, informierte die vielen Menschen, mit denen sie in Verbindung war, über ihren Krankheitsverlauf und verabschiedete sich zuletzt in großer Würde von ihnen mit ihrem Lieblingsgedicht „Stufen“ von Hermann Hesse:

„…Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde

Uns neuen Räumen jung entgegensenden,

Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden,

Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde“.

Die Nachricht vom Ableben von Brigitte hat viele von uns sehr berührt und traurig gemacht. Es schmerzt sehr, eine so liebenswerte, lebensmutige, vielseitig interessierte und interessante Frau und Mitstreiterin zu verabschieden.

Ihrem Sohn Oliver und seiner Lebensgefährtin Claudia, die Brigitte bis zuletzt eng begleitet haben, gilt unsere aufrichtige Anteilnahme!

Brigitte, ade, wo auch immer du jetzt bist, du wirst in unseren Herzen bleiben!

Carmen