Männer schreiben anders… Szenen aus dem prallen Leben

von Peter Schallock

„Alles am Weibe ist ein Rätsel…“. So sprach kein Geringerer als Friedrich Nietzsche durch seinen Zarathustra. Selbst einer der größten Denker schien ratlos, wenn es um die Eigenarten des ihm offensichtlich weitgehend unbekannten anderen Geschlechts ging. Nietzsches weitere Schlussfolgerungen taugen nach heutigem Verständnis wenig: Sie entlarven den Philosophen höchstens als ausgesprochenen Chauvinisten. Was möglicherweise auf die Pleiten in seinem eigenen Liebesleben zurückführen ist. Seitdem ist viel Zeit vergangen. Wir sind heute wesentlich klüger, was unser Wissen über das jeweils andere Geschlecht angeht. Glauben wir zumindest.

Vorsicht, liebe Leser**innen. Ich muss Sie warnen. Dieser nicht immer ganz ernst gemeinte Text steckt voller Klischees und Verallgemeinerungen, zuweilen auch kleiner Bosheiten. Meine Sichtweise ist zwangsläufig männlich, meine Perspektive verzerrt. Das ist gewollt, aber auch unvermeidlich. 

Was folgt, ist alles andere als eine wissenschaftliche Abhandlung mit finaler Wahrheit. Nein, es geht vielmehr um den laienhaft-männlichen Versuch, durchaus überspitzt unsere Eigenarten und unsere Beziehung zum weiblichen Geschlecht – und umgekehrt – anhand willkürlich gewählter Beispiele zu durchleuchten. Beziehungen, die von unsichtbaren, aber eindeutigen Gesetzmäßigkeiten geregelt zu sein scheinen.

Damit Sie, meine Damen, wissen, wie gut wir Sie verstehen!

Gender Studies – alles andere als eine fröhliche Wissenschaft

Leichte Lektüre über die typischen Marotten von Mann und Frau gibt es massenhaft. Bei entsprechender Vertiefung landet man jedoch irgendwann in der mysteriösen Welt der Hormone und Chromosome.

Nach einer umfangreichen Studie der Psychologin Janet Hyde aus dem Jahre 2005 sind Mann und Frau gar nicht so verschieden, wie es uns die Küchenpsychologie erzählen möchte. Durchaus bemerkenswert: Nicht nur das soziale, sondern auch das biologische Geschlecht seien Definitionssache, erzählt uns die Wissenschaft. Das wiederum ist wohl nicht immer so eindeutig. Was beispielsweise bei Sportlern für Verwirrung sorgen kann, wenn Hormone oder Chromosome abweichen – vom Standard, der Mann oder Frau definiert. Biologisch eben.

Ansonsten: Männer haben mehr Muskelmasse und sind in der Regel größer. Männer haben angeblich größere Gehirne, was allerdings – um Missverständnisse auszuschließen – kein Qualitätsurteil darstellt. Männer können besser räumlich denken, Frauen seien dagegen sprachfertiger, heißt es. Letzterem werden viele Männer zustimmen, dazu kommen wir noch. Ansonsten gilt: Ausnahmen bestätigen, wie immer, die Regel.

Fassen wir also zusammen: „Mann“ ist also auch eine biologische Definition. “Frau“ ebenfalls. Ein Teilergebnis, immerhin.

Alles Küchenpsychologie, oder?

Mann und Frau kommen von verschiedenen Planeten. Er versteht sie einfach nicht. Überhaupt die Kommunikation, und dann erst die Emotion! Kein Wunder, dass es zwischen ihm und ihr nicht klappt. Das und Ähnliches erzählt uns die Populär-Psychologie.

Natürlich gibt es in Denken und Verhalten zuweilen Unterschiede. Ob und in welchem Maße das typisch ist, darüber darf gestritten werden. Unstrittig ist jedoch, dass der Verkauf von Ratgeberlektüre ein gutes Geschäft ist. Hier werden Mann und Frau zuweilen bis auf das letzte Neuron entschlüsselt.  Und Tipps, wie man es in Zukunft mit dem anderen Geschlecht besser macht, werden mitgeliefert, selbstverständlich im Preis inbegriffen.

Von Vätern und Müttern

Für Männer ist Mama die erste Frau im Leben. Natürlich auch für Frauen, aber irgendwie anders. Dass wir als frisch angekommene Erdenbürger in den ersten Jahren eine ganz besondere Beziehung zu ihr pflegen, leuchtet ein. Dann wird es komplizierter: Eigentlich sollte auch irgendwann Vati verstärkt Präsenz zeigen – wenn er gerade Zeit hat. Derartiges und noch viel mehr über den prägenden Einfluss der ersten Lebensjahre las ich einst in einem Psychoschmöker namens „Familien, und wie man sie überlebt.“

Klar ist Mutti die Beste. Das war so und wird immer so bleiben. Von einer solchen Erkenntnis kann ja auch unsere Lebensgefährtin nur profitieren. Hat sie doch einen Maßstab, den sie zur eigenen Leistungs- und Erfolgskontrolle heranziehen kann. Mutti hat uns schließlich gelehrt, wie die perfekte Frau sein sollte – von der leidenschaftlichen Seite selbstverständlich abgesehen.

Der jährliche Muttertag, der hat schon Sinn: Als gefeiertes Dankeschön. Jedes Jahr bekam unsere Mutter von ihren Söhnen ein kleines Geschenk. Und Mutti revanchierte sich mit einem ganz besonders aufwendigen Mittagessen. Am Nachmittag gab es dann Kaffee und leckeren Kuchen. Und anschließend konnte man sich auf dem Sofa ausstrecken, bis Mutti das Abendessen fertig hatte. Was waren das noch für Zeiten!

„Ehret die Mütter!“ hieß es ursprünglich – und jetzt wieder. Zwischenzeitlich missbrauchten die Nazis den Tag schon mal, um energisch mehr „arischen Nachwuchs“ zu fordern.

Wir Väter haben ja auch unseren Tag, immer an Christi Himmelfahrt. In früheren Zeiten zog man mit anderen glücklichen Vätern und Bollerwagen durch die Gegend. Ich sage Ihnen sicher nichts Neues: In besagtem Wägelchen durfte nicht etwa der quietschfidele Nachwuchs Spaß haben, nein, dort wurde der flüssige Proviant für unterwegs transportiert. Von dem meistens am Ende der Fahrt nicht mehr viel übrig war. Da konnte man mal so richtig Vater sein, der ganzen Verantwortung kurzzeitig enthoben. Bei einem Bierchen richtig schön zotige Witze klopfen! Auch unanständige. Wir waren ja unter uns!

Zugegeben: So besonders gut kamen die bewährten Vatertagstraditionen nicht überall an. Wir Männer haben da möglicherweise ein leichtes Imageproblem.

Mütter sind auch Frauen, Väter auch Männer…

Meine Damen, Sie wissen sicher, dass der 8. März ein ganz besonderer Tag ist.  Genau: Weltfrauentag! Ich wurde daran beim Besuch im nahen Supermarkt erinnert. An der Kasse erhielten alle Kundinnen eine Rose geschenkt. Jammerschade, dass nur die Damen bedacht wurden. Ich hätte meine Blume selbstverständlich an meine Lebensgefährtin weitergegeben. Aus Anlass des Tages. Hätte sich gut getroffen, in die Stadt, zum Blumenkauf, habe ich es an dem Tag nicht mehr geschafft. Man(n) hat ja sowieso für nichts mehr Zeit!

Jeder Weltfrauentag hat ein anderes Motto, aber immer geht es auch irgendwie um Gleichberechtigung und mehr Rechte für Frauen. In diesem Jahr hieß es „Frauen in Führungspositionen: Für eine ebenbürtige Zukunft in einer COVID-19-Welt“.

Es gibt übrigens auch einen jährlichen Weltmännertag, immer am 3. November. Den kennt kaum einer, er ist als schnöder „Aktionstag zur Männergesundheit” konzipiert.

Zugegeben, man sollt das nicht abfällig abtun. Frauen erkranken nicht an solch´ tückischen Krankheiten wie einem Männerschnupfen. Während Mann flach liegt und in Fieberträumen nach Mutti ruft, bekommt Frau höchstens eine leichte Erkältung und kann durchaus noch – pardon – ihren Mann stehen. Da zeigen wir eben unsere empfindsame Seite.

Ernsthaft: Die Gesundheit von Männern gerade höheren Alters steht im Vergleich nicht so gut da. Frauen haben eine höhere Lebenserwartung. Aus Gründen, die keiner wirklich kennt. Wahrscheinlich liegt es am Stress, dem wir Männer permanent ausgesetzt sind!

Männer vor!!

Alles nicht neu, werden Sie sagen. Machen wir doch noch ein paar Abstecher ins pralle Leben, um uns selbst zu überzeugen. Finden wir Beweise, die anhand der kleinen Unterschiede aber auch die Lasten des „Mannseins“ ein wenig verdeutlichen.

Sonntag, die Sonne lacht, raus geht es, in die grüne und gesunde Natur. Per Pedes, in Deutschland wird bei gutem Wetter gewandert, öfters auch mit dem Rad. Jetzt, wo es die neuen Elektro-Bikes gibt, werden auch wir Männer immer sportlicher.

Was fällt Ihnen auf? Wer eilt meist vorneweg? Wir Männer natürlich!  Was sich übrigens leicht erklären lässt: Unser Verhalten ist evolutionär bedingt, schließlich sind wir nicht nur Jäger, sondern auch Beschützer. Wir schauen, ob die Luft rein ist oder ob an der nächsten Ecke nicht der Tyrannosaurus Rex lauert.

Bewegung macht hungrig. Ab ins Fischrestaurant, eigentlich eher ein Imbiss, einer Kette zugehörig, zu finden in vielen Fußgängerzonen. Fisch ist gesund, also tut man sich was Gutes. Ein Ehepaar in mittleren Jahren betritt das Restaurant. Der Herr steuert zielstrebig auf einen freien Tisch zu. Eine strategische Entscheidung: Tische sind knapp, und wer sitzt, der hat. Man(n) weiß das! Die Dame folgt, erkundigt sich nach seinen Wünschen, eilt zur Theke, bestellt, bezahlt und bringt die Speisen zum Tisch.

Sie muss halt zweimal zwischen Tisch und Theke pendeln, denn Sie hat ja auch nur zwei Hände. Ihr Mann? Geduldet sich vorbildlich, freut sich auf den leckeren Fisch. Steht das Essen auf dem Tisch, holt sie noch Getränke und notwendiges Besteck. Schließlich leistet sie ihrem Gatten, der jetzt wirklich lange genug gewartet hat, Gesellschaft. Nach vollbrachter Nahrungsaufnahme räumt sie alles ab, bringt Geschirr und Besteck zur „Geschirrstation“. Das alles unter den wohlwollenden Blicken des Gemahls, der ohne zu murren darauf wartet, endlich gehen zu können. Man(n) hat ja nicht ewig Zeit. Siehe oben.

Sie glauben mir nicht, liebe Leser**innen? Ich übertreibe? Gut, Ihnen wäre das vielleicht nicht passiert. Aber ich schwindle nicht, und, glauben Sie mir, ich hab’ das mehr als einmal beobachtet.

Frau am Steuer

Müllers von nebenan haben ein neues Auto. Ein ziemlich großes, fast wie ein kleiner Panzer, mit dem Schriftzug „Jeep“ auf der Haube. Herr Müller ist jetzt nicht so besonders hochgewachsen, und wenn er hinter dem Steuer hervorlugt, sieht er schon ein wenig putzig aus. Frau Müller ist noch etwas kleiner, dafür aber rundlicher. Wer das schöne, große Auto ausgesucht hat, ist klar – Herr Müller ist so eine Art Autofanatiker, wie ich weiß. Es gibt ja boshafte Stimmen, die meinen, ein großes Auto wäre dem Manne Kompensation für etwas eher kleines „Anderes“ – aber lassen wir das. Ich fahre übrigens einen Kleinwagen.

Immerhin darf Frau Müller jetzt am Samstag mit dem Geschoss zum Einkaufen fahren.

Allerdings frage ich mich, wie sie es schafft, den Wagen irgendwo zu parken. Erst jüngst beobachtete ich im Parkhaus eine zunehmend verzweifelte Autofahrerin, die versuchte, ihre große Karosse in einem bescheiden bemessenen Parkfeld unterzubringen. Was ihr selbstverständlich nur gelang, indem sie anderthalb Parkplätze belegte. War aber nicht weiter schlimm: Daneben parkte auf anderthalb Parkplätzen ein Kleintransporter, Marke Familienkutsche. Die ist besonders beliebt bei Hubschraubermamis, die ihren Kindern die für ihre Entwicklung fatalen Auswirkungen fehlender Beinfreiheit beim Autofahren ersparen möchten.

Size matters! Wusste ich doch. Mann und Frau sind eben doch nicht so verschieden, beide lieben zuweilen Größe! Wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.

Frauen sind eben anders, Männer nicht

Kommen wir so langsam zum Ende. Ein paar Klischees müssen sein, sonst fragen Sie vielleicht: „War das schon alles“? Natürlich nicht! Und so greifen wir hinein, ins nahezu unermessliche Schatzkästlein der Unterschiede, die für uns oft schon so normal geworden sind, dass wir sie gar nicht mehr bemerken.

Das fängt an bei der Kleidung. Sie wechselt sie ständig, hat nie genug anzuziehen. Er, bescheiden von Natur aus, wechselt das Beinkleid nur, wenn es sein muss. Eben nicht übertrieben oft. Ist ja auch ökologischer.

Frauen tragen oft Handtaschen, die riesigen Wundertüten gleichen. Selbst die Trägerin ist manchmal überrascht, was sie dort gelegentlich an lange verloren geglaubten Gegenständen wiederfindet! Männer begnügen sich meist mit dem Geldbeutel in der Gesäßtasche. Hier und da, trägt ein Er ein kleines, schnittiges Handtäschchen in der Größe einer überdimensionalen Zigarettenschachtel. Putzig.

Die durchschnittliche Amerikanerin hat im Schnitt mehrere hundert Gegenstände im Bad, las ich kürzlich. Er dagegen lediglich sechs, vorausgesetzt natürlich, die Gattin hat beim letzten Einkauf an Rasierzubehör und Anti-Haarausfall-Shampoo gedacht.

Überhaupt das Einkaufen! Für eine Frau kann ein durchschnittliches Shopping-Erlebnis mehr Vergnügen bedeuten als ein ausgedehnter Urlaub im Süden. Der Mann empfindet die Shopping-Tour eher als Tortur, als Überlebenskampf in einer ziemlich feindlichen Umgebung. 

Frauen reden laufend übers Abnehmen, Männer manchmal, es sei denn, sie sind unter sich. Dann sind sie schon mal stolz auf ihren Bierbauch. Und bestellen schnell das nächste Pils.

Kommunikation ist für ihn meist nur etwas Notwendiges, Unvermeidbares, für sie dagegen pures Entertainment. Während er im Schnitt drei Minuten am Telefon verbringt, bringt sie es locker auf 30 Minuten.

Besonders krass wird der Unterschied, wenn die Sportschau am Samstag läuft. Für viele Männer ist das Zuschauen eine biologische Notwendigkeit. Mittlerweile dürfte die sogar in männlichen Genen nachweisbar sein.

Ruft sie dann ausgerechnet zu Sportschauzeiten an, kann das Ergebnis für sie fast so ernüchternd sein wie für ihn die Niederlage seines Lieblingsvereins. Während sie noch fleißig dabei ist, ihm die ganz persönliche Tages- oder Wochenaktualität mitzuteilen, ist er wahrscheinlich längst vor den Bildschirm zurückgekehrt und hat zwischenzeitlich mindestens ein halbes Dutzend Spiele angeschaut.

Ich könnte jetzt endlos fortfahren, möchte Sie aber nicht langweilen. Lieber Leser**innen, ich hoffe, ich habe Sie mit meinen Beobachtungen nicht verärgert. Ich gebe zu: So manches war vielleicht ein wenig übertrieben. Andererseits sehen wir Männer die Dinge eben eher pragmatisch, wenn es auch nicht immer so wirken mag.

Wäre die Welt nicht reichlich öde, wären Mann und Frau durch die Bank in ihrer Art identisch, ohne die paar kleinen Unterschiede? Bereichern diese unser Leben nicht eher, und das meistens erfreulich?

Deswegen darf zum Schluss dann doch noch mal Nietzsche ran, mit einem seiner besseren Zitate: Die Liebe muss die Gegensätze durch Freude überbrücken!