Frauenherzen schlagen anders“ – Gendergerechte Medizin hilft allen!

von Erla Spatz-Zöllner

„Frauenherzen schlagen anders“ das war schon 1999 Thema eines wissenschaftlichen Kongresses des Deutschen Ärztinnenbundes. Dass die Symptome beim Herzinfarkt bei Männern (Schmerzen im linken Arm) und Frauen (Oberbauchschmerzen) unterschiedlich sein können, hat sich inzwischen  herumgesprochen. Aber nicht nur das Herz, auch alle übrigen Organe funktionieren bei Männern und Frauen zum Teil verschieden, und das macht die Sache kompliziert. Warum ist das so? Frauen haben Hormonschwankungen aufgrund des Menstruationszykluses und sie können schwanger werden. Das ungeborene Kind darf durch neue Medikamente nicht geschädigt werden. Um diesen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, erprobte man z.B. Medikamente häufig nur bei Männern.

Dies änderte sich erst in den 1990iger Jahren in den USA, als Frauen an der Erprobung von AIDS-Medikamenten beteiligt werden wollten. Inzwischen schreiben  auch die Gesetze der EU vor, dass während des Zulassungsverfahrens von neuen Medikamenten ausreichend viele Frauen als Probandinnen beteiligt werden müssen. Während der Testphase müssen die beteiligten Frauen sicher verhüten, um eine Schwangerschaft auszuschließen.

Frauen und Männer unterscheiden sich in der Verstoffwechslung von Medikamenten und entwickeln unterschiedliche Nebenwirkungen. Dies bedingt dann eine unterschiedliche Dosierung, zum Beispiel bei Digitalis.

Neben den geschlechtsspezifischen Unterschieden reagieren Menschen, unabhängig von ihrem Geschlecht,  auch individuell sehr verschieden auf Medikamente. Etwa wegen ihres unterschiedlichen Alters, oder der verschiedenen Fettverteilung im Körper. Die richtige Dosisfindung gelingt deshalb nur annähernd. Teilweise müssen Serumspiegel eines Medikamentes im Blut kontrolliert werden, um die richtige Dosierung zu finden.

Ärztinnen setzen sich seit langem dafür ein, dass Genderaspekte auf allen Gebieten der Medizin, in der Forschung  und in der Lehre mehr berücksichtigt werden. Dies kommt Frauen und Männern zugute. Jüngstes Beispiel ist die Coronapandemie. Warum Männer am Coronavirus schwerer erkranken als Frauen, wird intensiv erforscht. Erste Ergebnisse sprechen dafür, dass es Unterschiede in der Immunantwort gibt, und dass die Hormone Testosteron und Östrogen dabei eine Rolle spielen. Je genauer man diese Unterschiede erforscht, desto gezielter kann man therapieren oder vorbeugend tätig werden.

Auch bei modernen Gesundheitsapps ist es wichtig, dass immer Männer und Frauen einbezogen werden. So hat sich gezeigt, dass Apps deren Algorithmen  nur mit Männerdaten unterlegt sind, für Frauen fehlerhaft und irreführend sind. Umgekehrt wäre das natürlich genauso.