von Carmen Stadelhofer
Getreide und Brot haben das Leben der Menschen seit Jahrtausenden in umfassender Weise geprägt: ihre Arbeit, ihr Wohlbefinden, aber auch ihr Leid. Das Museum der Brotkultur in Ulm widmet sich der Geschichte des Brotes als unentbehrliche Grundlage menschlicher Existenz, Kultur und Zivilisation.
Die Geschichte des Museums
Das Museum beruht auf einer Privatinitiative der Ulmer Unternehmer Dr. h. c. Willy Eiselen (1896-1981) und Sohn Dr. Dr. h. c. Hermann Eiselen (1926-2009). Um die Bedeutung des Brotes für den Menschen zu dokumentieren, sammelten sie seit 1952 alles rund um das Thema Brot und gründeten 1955 (gemeinsam mit fünf Gleichgesinnten) aus privater Initiative das erste Brotmuseum weltweit als “Deutsches Brotmuseum“.
2002 wurde es in „Museum der Brotkultur“ umbenannt, um seiner Dauerausstellung und Sammlung gerecht zu werden. Der Titel soll verdeutlichen, welches besondere Gewicht darauf gelegt wird, das Brot umfassend in seinen historischen, kunst- und kulturgeschichtlichen, handwerklichen, sozialpolitischen und technikgeschichtlichen Zusammenhängen zu zeigen. Informationsmaterialien zur gegenwärtigen Welternährungslage richten den Blick auf heute und in die Zukunft.
Dokumentation des Brotes als Spiegel der Zivilisation und Kultur
Die Sammlung des Museums der Brotkultur beinhaltet ca.18.000 Stücke aus verschiedenen Kulturen und vielen Teilen der Welt. Rund 700 Exponate sind dauerhaft auf 1.150 Quadratmetern auf drei Stockwerken des Ulmer Salzstadels ausgestellt.
Im Wesentlichen ist die Dauerausstellung des Museums der Brotkultur von zwei Themenschwerpunkten bestimmt. Der erste Ausstellungsteil zeigt die Technik- und Handwerksgeschichte rund um die Brotherstellung. Im zweiten Teil wird besonderes Gewicht auf die Dokumentation des Mangels an Brot (Hunger) im Laufe der Menschheitsgeschichte und auf die Auseinandersetzung mit der aktuellen Welternährungslage gelegt. Gleichzeitig präsentiert die Ausstellung eine einzigartige Sammlung zur Kunst- und Kulturgeschichte des Brotes.
Der erste Teil
Der erste Teil der Dauerausstellung lenkt den Blick zunächst auf die Voraussetzungen der Brotherstellung von der frühzeitlichen Kultivierung verschiedener Getreidearten über die landwirtschaftliche Produktion bis zu den verschiedenen Mahlverfahren. Hier wie auch im Bereich der Teigbereitung und des Backens wird immer wieder deutlich, dass sich diese Herstellungsprozesse über Jahrtausende nur wenig geändert haben. Wie andere Handwerker schlossen sie sich die Bäcker im Mittelalter vielerorts zu Zünften zusammen, die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Einfluss gewannen, und deren Selbstbewusstsein sich in zahlreichen, oft prächtigen Zunftgegenständen widerspiegelt. Der Rundgang wendet sich schließlich dem Brot als Nahrungsmittel zu; vor allem Informationen zu seiner Qualität und Vielfalt sowie Ernährungshinweise lassen sich hier finden.
Bedeutung des Brotes
Brot hat eine Bedeutung, die weit über seinen Wert als Nahrungsmittel hinausgeht. Im jüdischen und christlichen Glauben ist das Brot ein Symbol für das Leben geworden. Dieses religiöse Verständnis von Brot findet Ausdruck in Gemälden und kultischen Geräten. Die Ausstellung zeigt in verschiedenen Epochen – Altes Ägypten, Antike, Mittelalter und Neuzeit – die Bedeutung von Hunger, dessen Ursachen und den Umgang der Menschen mit dieser Bedrohung auf. Doch der Hunger ist nicht allein ein Phänomen der Vergangenheit, sondern bedroht weiterhin mehr als 800 Millionen Menschen. Deshalb ist ein Teil der Ausstellung auch der gegenwärtigen Welternährungslage gewidmet. Schließlich bietet eine Auswahl aus der Kunstsammlung des Museums dem Besucher einen Einblick in die Geschichte des Brotes als einem selbständigen Gegenstand der Kunst.
Ein Museum für Jung und Alt
Mit einem vielseitigen Führungsangebot, nicht nur durch die gesamte Dauerausstellung, sondern auch zu verschiedenen Themenschwerpunkten, will das Museum einen lebendigen Zugang zur Kulturgeschichte des Brotes schaffen. Das Angebot ist auf Alter, Interessen und Bedürfnisse (auch für Sehbehinderte und Gehörlose) der Besucher zugeschnitten.
Insbesondere an Kinder und Jugendliche richtet sich ein Angebot, in das verschiedene handlungsorientierte Elemente (Getreide dreschen, verschiedene Mahlverfahren, Suchspiele, Materialkisten etc.) integriert werden. Bei den Backaktionen, die grundsätzlich zu verschieden jahreszeitlichen Anlässen (Weihnachten, Fasching, Ostern, Herbst) angeboten werden, steht die sinnliche Erfahrung – Kneten und Formen des Teiges ebenso wie Duft und Geschmack des noch ofenwarmen Gebäcks – im Vordergrund.
Aktuelle Sonderausstellung
Drei bedeutende Gemälde des niederländischen Meisters Frans Francken rückt das Museum der Brotkultur vom 10. Juni bis 1. November 2015 in den Mittelpunkt der Sonderausstellung „Vom Pathos des Gebens“. Gezeigt wird die Auseinandersetzung Franckens mit dem Themenkomplex der Brotgabe, Armenspeisung und karitativen Hungerhilfe ebenso wie sein Nachwirken von der niederländischen Malerei bis in die Moderne.
Das Museum der Brotkultur besitzt drei wichtige Werke des Meisters. Sie zeigen biblische Motive, die allesamt vom Geben des Brotes handeln: Das Gleichnis vom reichen Mann und dem armen Lazarus aus dem Lukas-Evangelium, die sieben Werke der Barmherzigkeit, von denen Christus nach Matthäus zu den Jüngern spricht und die Speisung der Fünftausend am See Genezareth.
Alle drei Bilder künden im barocken Pathos und mit gegenreformatorischer Verve von der Pflicht zu den „Guten Werken“. Dennoch lenken sie den Blick auf drei ganz unterschiedliche Aspekte, die in der Ausstellung mit weiteren Werken aus der Sammlung des Museums illustriert werden.
Öffnungszeiten: (Mi 10. Juni – So 1. November 2015) : Vom Pathos des Gebens. Die Bilderwelt des Frans Francken
Flyer:
Am 13. September 2015 findet das jährliche Brotkulturfest statt.
Auch eine gute Gelegenheit, das Haus bei freiem Eintritt und die genussvollen Seiten der Brotkultur näher kennen zu lernen.
Adresse:
Museum der Brotkultur
Salzstadelgasse 10
89073 Ulm
Telefon: 00 49 (0) 731 69955
Alle Angaben sind der Website des Museums entnommen.
Bilder: mit freundlicher Genehmigung des Museums
Alle Informationen über das Museum finden Sie
http://www.museum-brotkultur.de
Das aktuelle Jahresprogramm finden Sie hier:
http://www.museum-brotkultur.de/index.php?option=com_content&view=article&id=25&Itemid=21