Der Beginn meines Studiums in Freiburg
von Dorothee Durka
Nach meinem Abitur 1959 hatte ich nach guter Vorbereitung mit Englisch-Korrespondentenkurs, Maschinenschreiben und Steno eine Arbeit in einem Büro angenommen – und nicht studiert, wie ich es leicht geschafft hätte. Wegen einer Beziehung und der Meinung meiner Stiefmutter, dass man als Mädchen keine Ausbildung braucht – ihr war mein Abitur schon zu viel – war ich mit der Tätigkeit direkt nach dem Abitur einverstanden und hatte eine weniger und dann eine sehr gute Stelle, wo ich Verantwortung hatte und meine Fremdsprachenkenntnisse – Englisch von Schule und Kurs, Französisch aus der Schule – einbringen konnte.
Nach zwei Jahren zerbrach die Beziehung, und nach dem ersten Schock wurde mir klar, dass ich nicht mein Leben im Büro verbringen wollte, obwohl ich eine gute Stelle und ein gutes Gehalt hatte.
Ich beschloss zu studieren. Ich hatte Geld gespart und etwas Geld aus dem Erbe von meiner früh verstorbenen Mutter bekommen, und inzwischen war ich 22, so dass meine Stiefmutter keinen Einfluss mehr auf mich hatte.
Meine Studienfächer waren klar: Latein, weil mein Bruder es schon studiert hatte, weil ich in der Schule darin gut war und nachdem ich einer Studentin, die das Latinum nachholen musste, ein Jahr Unterricht erteilt hatte.
Die Frage nach dem Studienort war bald klar: Meine Firma hatte einen Vertreter in Freiburg mit einer Villa und Swimmingpool, bei dem ich auf Vermittlung meines Chefs wohnen konnte.
Voller Neugier und Spannung reiste ich am 1. 5. 1961 zum Sommersemester nach Freiburg. Dort empfing mich eine neue Welt nach dem Büroalltag und der oft grauen Stimmung am Niederrhein.
Bei der Ankunft strahlte für mich die Sonne, erfreuten mich das Stadtbild mit dem Münster, den Toren und Bächli, die Berge rundherum, die Villa, in der ich wohnen durfte, insgesamt das Flair der Stadt.
Ich war fasziniert. Meine Begeisterung steigerte sich noch, als ich am nächsten Tag bei meinem Bummel durch die Uni ein Plakat entdeckte mit der Info, dass der Bachchor neue Sängerinnen und Sänger suchte für die Aufführung der h-moll-Messe von Bach. Auf diese Messe war ich aufmerksam gemacht worden durch die Mutter meines ersten Freundes, einer Sängerin, die mir von dieser Messe vorgeschwärmt hatte. So eine Überraschung – als hätte der Chor genau dieses Programm für mich geplant. Ich meldete mich sofort dafür an.
Schon am nächsten Tag fanden die ersten Veranstaltungen statt, und ich musste an einer Probeklausur für die Zulassung zum Lateinstudium teilnehmen, die ich, wie sich ergab, mühelos bestand.
Es ging alles traumhaft gut. Begeistert war ich auch vom Studentenleben nach zweijähriger Bürotätigkeit, von den vielen Kontakten mit den Studienkollegen und -Kolleginnen, die eine andere Kommunikation pflegten als viele der Personen, die ich von zu Hause gewohnt war.
Ich glaube, dass kein Ereignis in meinem Leben so eine Begeisterung hervorgerufen hat wie dieser Studienbeginn in Freiburg.
Ich träume heute noch von Freiburg und dem wunderbaren Beginn des Studiums dort.