von Stefanie Labs

(© Stefanie Labs mit Hilfe von Leonardo.AI )
In den letzten Jahrzehnten hat sich das Bild vom Alter stark gewandelt. Doch was bedeutet Altern im heutigen Lebensalltag wirklich? Dieser persönliche Erfahrungsbericht wirft einen ehrlichen Blick auf das eigene Leben und das der Menschen im täglichen Umfeld. Er zeigt, wie vielfältig das Alter erlebt wird, zwischen Ruhestand, Aktivität und der Erkenntnis, dass die eigene Haltung zum Älterwerden wichtiger ist als das Alter selbst.
In der heutigen Zeit sind die Themen „Alter“ und „Altern“ so allgegenwärtig wie nie zuvor. An meinem Arbeitsplatz wird nahezu jeden Tag darüber gesprochen. Wir schreiben das Jahr 2025, und viele Kolleginnen und Kollegen der sogenannten „Babyboomer-Generation“ (Geburtsjahrgänge zwischen ca. 1955 und 1969) gehen in den Ruhestand. Von den meisten hört man danach nie wieder etwas, von einigen weiß man, dass sie schwer krank geworden sind oder sogar schon gestorben sind.
Doch auch die Generation X, also die zwischen ca. 1965 und 1980 Geborenen, zu denen auch ich gehöre, denkt immer häufiger über die Zeit nach der Erwerbstätigkeit nach. Schließlich kann man sich der Berichterstattung in den Medien und den hitzigen Diskussionen dazu nicht entziehen. Die demografische Entwicklung in Deutschland beeinflusst die Debatte über das Altern nach wie vor.
Aufgrund meiner langjährigen Berufstätigkeit erlebe ich mich selbst als Person mittleren Alters eher entspannt. Ich arbeite meine Aufgaben der Reihe nach gewissenhaft ab, setze dabei aber durchaus Prioritäten. Wenn etwas Neues dazukommt, beispielsweise ein neues Programm auf dem PC, dann bin ich sofort dabei und probiere es aus. Ich kann nur schwer nachvollziehen, dass es Menschen gibt, die keinerlei Neugier bezüglich neuer Technologien haben und immer nur in der Vergangenheit leben wollen. So nach dem Motto: „Früher war alles besser!“ Wir wissen aber eigentlich alle, dass es nicht so ist.
Doch was bedeutet es im Alltag, alt zu sein? Wenn ich Personen in meinem Alter sehe, dann denke ich oft: „Die sehen aber alt aus! Sehe ich auch so alt aus?” Vermutlich schon, aber Eigen- und Fremdwahrnehmung gehen hier häufig auseinander. Mir fällt auf, dass jüngere Generationen anders arbeiten und eine andere Lebenseinstellung haben. Daraus ergibt sich für mich die Frage: „Bin ich schon alt oder zu alt? Für was eigentlich?“
Ich stelle fest, dass das Alter nicht nur eine Frage des biologischen Alters ist. In den letzten sechs Jahren gab es zweimal den Fall, dass ich beim Laufen eingeschränkt war. Ich bediente mich der üblichen Hilfsmittel (Krücken, Orthese, Rollator) und kam mir dabei plötzlich alt vor. Dadurch erlebte ich meinen Alltag aus einer anderen Perspektive. Wie bewege ich mich fort? Was geht überhaupt noch und wie? Wo sind Gehwege, Bus und Bahn barrierefrei? Wo gibt es Aufzüge? Wie kann ich Treppen umgehen? Tatsächlich erlebte ich im öffentlichen Raum viel Hilfsbereitschaft. Nur selten begegneten mir die Menschen empathielos bis geradezu unverschämt. Es gibt also durchaus Hoffnung für unsere Gesellschaft. Wer hilfsbedürftig aussieht oder wirkt, erhält in der Regel auch viel Unterstützung. Dazu muss man aber auch bereit sein, sie anzunehmen.
Meine Erfahrungen geben mir einen Vorgeschmack darauf, was im hohen Alter noch auf mich zukommt. Einer meiner Kollegen sagt mir ständig: „Das wird nicht mehr besser, ich habe es dir gesagt!“ Ich bin jedoch der Meinung, dass jedes Alter seine Zeit hat. Seien wir doch mal ehrlich. Es gibt Lebensabschnitte, die möchte man nicht noch einmal durchleben. Ich lebe gerne im Hier und Jetzt und bin gespannt, welche Technologien ich in Zukunft noch erleben werde. Es ist aber auch nachvollziehbar, dass sich manche Menschen mit neuen Technologien überfordert fühlen.
Ich denke, dass wir heute in einer anderen Zeit leben und das Alter heute anders betrachten. Früher war die Meinung weit verbreitet, dass man im Alter endlich mehr Zeit habe, um persönliche Pläne umzusetzen. Dazu zählten beispielsweise, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen, zu reisen oder Hobbys, Interessen und Ehrenämtern nachzugehen. Allerdings war dies häufig mit Beginn des Rentenalters schon nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich. Heute sind wir jedoch länger „fit“ und können vieles nachholen, wofür früher keine Zeit blieb. Die Menschen werden heute gesünder älter, und die durchschnittliche Lebenserwartung ist deutlich gestiegen. Das Alter wird als Chance und neue Lebensphase gesehen. Diese positive Entwicklung ist das Ergebnis gesellschaftlicher, medizinischer und technologischer Fortschritte, aber auch eines bewussteren Umgangs mit dem eigenen Leben und dem Altern.
Jüngere Generationen leben ihr Leben heute neben beruflichen und familiären Verpflichtungen bewusster als frühere Generationen. Der Begriff „Work-Life-Balance“ ist in aller Munde. Die zwischen ca. 1995 und 2010 Geborenen, auch Generation Z genannt, zeigen uns, wie man entspannter durchs Leben geht. Hiervon können wir alle profitieren. Doch auch Politik und Gesellschaft sind aufgefordert, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen. Dazu zählen beispielsweise barrierefreie Städte, digitale Teilhabe und flexiblere Arbeitsmodelle für ältere Menschen.
Durch mein umfangreiches Netzwerk und die vielen Fortbildungsangebote für Seniorinnen und Senioren erlebe ich die heutige ältere Generation als aktiv und vielseitig interessiert. Sie engagieren sich ehrenamtlich, gründen Unternehmen oder sind künstlerisch und sportlich aktiv. Manchmal bin ich beeindruckt von dem umfangreichen Wissen, das vorhanden ist. Es ist also auch im höheren Alter noch vieles möglich. Ab und zu erzählen mir Seniorinnen und Senioren ihre Lebensgeschichte. Dabei nehme ich einerseits eine gewisse Zufriedenheit wahr, andererseits aber auch Kritik an den Lebensumständen in unserer Gesellschaft sowie das Gefühl, nicht verstanden zu werden. Dies zeigt, dass sie mehr Verantwortung übernehmen wollen und dadurch wird ihnen Teilhabe im Alter ermöglicht.
Mein Fazit: Wie alt man sich fühlt, hängt heute nicht nur vom biologischen Alter ab, sondern auch von der eigenen Einstellung und dem Umgang mit der eigenen Lebenssituation. Wer offen für Neues bleibt und soziale Kontakte pflegt, fühlt sich oft jünger, und das völlig unabhängig vom tatsächlichen Lebensalter. Altersbilder sind im stetigen Wandel und das Altern ist vielseitig.