Nicht reden – nicht schreiben

von Maria Schmelter

Es hat mich sehr beeindruckt, als die Journalistin Sabine Bode 2010 beim ökumenischen Kirchentag in München in einem Workshop davon erzählte, wie erfolglos ihre Bemühungen in den 80er Jahren waren, Gesprächspartner zu finden, die über ihre Kriegserlebnisse berichten wollten. Zu schmerzhaft waren die Erinnerungen. Sie waren vergraben und sollten in der Verdrängung ruhen.

Das entsprach auch der Erfahrung in der eigenen Familie. Mein Vater war im letzten Kriegsjahr 18jährig eingezogen worden. Über das Erlebte wollte er nicht sprechen, obwohl wir Kinder ihn um „spannende“ Geschichten regelrecht anbettelten. Erst mit 80 Jahren erzählte er uns, dass er in die Normandie geschickt worden war, um dort “Fallschirme abzuschießen”. Nach und nach kamen die Erlebnisse ans Tageslicht und machten deutlich, dass ein großer Teil unseres Zusammenlebens in der Familie von seinen Kriegstraumata überschattet waren. Und so wie ihm erging es ja Millionen anderer Menschen, die in diesem Krieg Schreckliches erlebt hatten und nicht sprechen konnten.

Im Jahr 2004 erschien Sabine Bodes Buch „Die vergessene Generation – Die Kriegskinder brechen ihr Schweigen“. Es löste eine Welle des Erinnerns aus. Eine Flut von Büchern erschien, die das Erlebte an die Nachwelt weitergeben wollten.

Fazit: Wir müssen die Erinnerung, auch an das Schmerzhafte zulassen, um Traumata nicht von Generation zu Generation weiterzugeben.

Vielleicht rührt aus dieser Erfahrung, meine Begeisterung für das Projekt: Weiterschreiben.jetzt. Es ist ein Portal für Literatur aus Kriegs- und Krisengebieten. Ich bin begeisterte Leserin des Newsletters.

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