Das Opferfest

Von Carmen Hill

 „Du musst endlich ‘mal wieder dabei sein!“ Bei meiner Familie war ich dieses Jahr (ich war wieder sechs Wochen in Tunesien) zum Opferfest eingeladen.

Heute will ich über das islamische Opferfest schreiben. Es erinnert an den Propheten Ibrahim/Abraham im Alten Testament. Der hatte zwei Söhne: Ismail und Isaak. Ein Engel erschien ihm eines Tages und befahl Ibrahim, einen Sohn zu töten. Er war entsetzt, er wollte Gott aber gehorchen. Er baute einen Altar und wollte seinen Sohn Ismail töten, opfern. Da erklang eine Stimme: „Töte ihn nicht!“, und ein Widder erschien. So hatte Ibrahim die Probe bestanden, auf die sein „Gottvertrauen“ gestellt worden war. Er durfte den Widder opfern, dessen Fleisch mit Freunden und Bedürftigen geteilt wird. Zur Erinnerung an die Rettung Ismails schlachten – jährlich – die Muslime ein Schaf.

Oh, was für ein schöner Widder! Er stand ganz friedlich vor mir, schaute mich an. Sehr stattlich. Aha, also auch du kommst in den Kochtopf! Er hatte noch eine Frist von einem Tag. Morgen sollte er um 8:00 Uhr geopfert werden.

Mit der Familie schlief ich auf der Terrasse unter dem sternenklaren Himmel Nordafrikas. Zeitig bin ich aufgestanden und – was nun? Erst Frühstück. Warten, warten. Die Spannung steigt und steigt. Noch nicht 8:00 Uhr, doch gleich. Huch, was für eine Hektik auf einmal! Scharfe Messer, Hammel da, Familie mit freudig gespannten Gesichtern, Schaf ganz ruhig. Ratz, Fatz war alles vorbei. Da lag der Hammel mit durchschnittener Kehle (ich kann dabei nicht zusehen, beim Zerlegen geht es wieder). Da es sehr heiß war, ging alles sehr schnell. Enthäutet, Innereien durchgeschaut, gesäubert und vieles mehr.

Jetzt ging es los, es wurde angefangen, zu grillen. Gemeinschaftlich saß die Familie zusammen und schaute beim Verteilen des Fleisches zu. Was war das für eine Lebensfreude: lachen, reden, einfach alles!

Die Frauen mussten dann noch das Nationalgericht, Osbon mit Couscous, kochen (das sind zerkleinerte Innereinen mit Zwiebeln, Muskatkraut, Gewürzen, die in die Gedärme gefüllt werden). Es ist ein sehr geselliges Fest mit vielen Verwandten und der Familie. Es dauert zwei bis drei Tage. Es gibt jeden Tag Fleisch vom Schaf, das sehr lecker schmeckt. In Tunesien könnte ich zum Lammfleischesser werden, denn es schmeckt nicht nach Schaf.

Am letzten Abend vor meiner Abreise nach Deutschland wurde nochmals gegrillt. Hm, immer noch lecker! Nächstes Jahr musst du wiederkommen! Ja, danke, es war ein wunderbares Fest, das ich mit euch erleben durfte! Danke für die Gastfreundschaft! Ich komme wieder – „Inshallah!“