Hobbys und Zufälle helfen Leben zu gestalten

von Diemut Bach

In meiner Kindheit musste man mit Schreib- und Malzubehör, mit Papier, Heften und Stiften sparsam umgehen. Der Stummel eines Bleistifts wurde in eine Bleistiftverlängerung gesteckt und die Mine komplett verbraucht. In den Schulheften schrieb man besonders eng, damit das Heft nicht zu schnell vollgeschrieben war. Geld war knapp.

Zu dieser Zeit schickte mir Tante Erna, die Schwester meines Großvaters mütterlicherseits, Kunstmappen. Sie hatte mein Interesse an Kunst und meine künstlerische Begabung festgestellt. Die Bilder des Isenheimer Altars haben sich mir tief in mein Gedächtnis eingeprägt. Tante Erna riet meinen Eltern, mich künstlerisch ausbilden zu lassen. Dieser Rat fiel auf taube Ohren: Von Kunst kann man nicht leben. Tante Ernas Rat hatte ich längst verinnerlicht und über all die Jahrzehnte nicht vergessen.

 Nach dem Abitur studierte ich dann Chemie, Biologie und Geographie und wurde Realschullehrerin. Meine zeichnerische Begabung kam mir sehr zupass. Musste ich doch zum besseren Verständnis des Unterrichtsstoffes viele Skizzen an die  Tafel malen. Manchmal überforderte ich meine Schüler*innen mit meinem Maltempo: „ Bitte langsamer, wir kommen mit dem Abzeichnen nicht nach“.

In den 1960er Jahren besuchte ich die ersten Kunstausstellungen. Mitte der 1960er Jahre durfte ich einmal Heinz Rose, einen Künstler aus Schondorf am Ammersee,  in die Große Kunstausstellung in München, in der seine Bilder hingen, begleiten. Heinz Rose zeigte und erklärte mir seine Bilder. Als besondere Erinnerung an ihn hängt noch heute seine Skizze der beiden Amazonen, die er uns zur Hochzeit geschenkt hatte, in meinem Arbeitszimmer.

 Als Lehrerin musste ich zunehmend auch „fachfremd“ unterrichten. So unterrichtete ich  in der Klasse, in der ich Klassenlehrerin war, auch Bildende Kunst und  leitete Arbeitsgemeinschaften in diesem Fach. Die Stundenzahl und  die höhere Präsenz in der eigenen Klasse wurden dadurch erhöht, was pädagogisch sinnvoll war. Da ich Bildende Kunst nicht studiert hatte, also fachfremd unterrichtete, besuchte ich viele Kunstfortbildungen, um mein Wissen zu erweitern. Für mich eine Art zweites Studium.

 Unterschiedliche Kunstthemen wurden in Form von Projekten bearbeitet: Rahmengestaltung, „Von der Pflanze zum abstrakten Bild“  oder „Meine Niki, deine Niki“, in Anlehnung an die Ausstellung im Ulmer Museum über Niki de St. Phalle. Während der Projektarbeit beobachtete ich die Schüler*innen bei ihrer Themenumsetzung, half bei Schwierigkeiten, gab Ratschläge und führte die Schüler*innen an die Künstler heran.

Im Laufe der Jahre entstanden auch eigene Bilder, die ich in der Öffentlichkeit einzeln oder auch als Konvolut zeigen wollte. Mein erstes Bild „Mähnenschafe“ hing in den 1960er Jahren in der Ausstellung für Hobbymaler im Stadtmuseum in München.

GOLDENER SCHUH
Illustration von Diemut Bach
(Grimms Märchen, Aschenputtel)

 Viele Jahre später, es war schon der Beginn meiner Rentenzeit 2004, war Malen für mich Hobby und Beruf zugleich. Zu meiner ersten großen Ausstellung animierte mich die damalige Oberin Schwester Veronika vom Kloster Bonlanden in Berkheim: „Willst du bei uns ausstellen?“ Dem Kloster bin ich bis heute treu geblieben. Zwischenzeitlich gab es noch eine Ausstellung im RKU-Ulm und im Möbelladen in Neu-Ulm.

 Bei meinen Bildern spielen Auftrag und Kombination von Farben sowie die Schaffung unterschiedlicher Oberflächenstrukturen eine besondere Rolle. Gerne greife ich gesellschaftspolitische Themen auf. Aber auch Märchen, Fabeln und abstrakte Formen regen zur Gestaltung und Interpretation an.

Durch kleine und größere Zufälle im Alltag konnte ich mein malerisches Repertoire vergrößern, mir meinen Kinderwunsch erfüllen. Den Weg zur Künstlerin habe ich mit großer Freude eingeschlagen.

AUF FISCHEN REITEN
Illustration von Diemut Bach
(Der Zauberring, Märchen aus Brasilien)







Vor alten Zeiten, da man noch auf Fischen reiten konnte, gab es ein Land, in dem im Gebirge ein Zauberer lebte. Er lebte an der einzigen Straße, die durch das Gebirge führte. Alle Leute, die vorbeizogen,  mussten ihren Zoll zahlen. Den Männern hackte er eine Hand ab, die Frauen mussten mit ihm schlafen.

aus “Der Zauberring”, Märchen aus Brasilien
Hausgeber und Übersetzer: Felix Karlinger und Geraldo Freitas
(nacherzählt und illustriert von Diemut Bach)