von Dietrich Bösenberg
Der Reichsarbeitsdienst war eine Organisation im nationalsozialistischen Deutschen Reich. Er stellte einen Teil der Erziehung zur „Volksgemeinschaft und zur wahren Arbeitsauffassung, vor allem zur gebührenden Achtung der Handarbeit…” dar (aus §1 des Gesetzes von 1935).
Vorgeschichte
Die Idee eines Arbeitsdienstes, in dem auf freiwilliger oder verpflichtender Basis ein Beitrag zum Wohle des Staates geleistet werden sollte, war keine Erfindung des NS-Staates. Schon vor dem Ersten Weltkrieg existierten unterschiedlich ausgeprägte Organisationen in verschiedenen Ländern. In Deutschland wurde 1931, zur Zeit der Weltwirtschaftskrise, der „Freiwillige Arbeitsdienst“ (FAD) eingeführt, mit dem die Regierung die hohe Arbeitslosigkeit vor allem bei der Jugend mildern wollte. Zuständig war die Arbeitsbehörde, die den Beteiligten eine zeitlich begrenzte finanzielle Förderung gewährte. Daneben bestanden auch freiwillige Arbeitsdienste anderer Träger, zu denen sowohl beide Kirchen, die Sozialdemokratische Partei und die Gewerkschaften gehörten.
Die Einführung des „Reicharbeitsdienstes“ (RAD)
Bald nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten erklärte Adolf Hitler, dass die „Arbeitsdienstpflicht“ einen Grundpfeiler seines Regierungsprogrammes darstelle. Das führte schließlich 1935 zum „Gesetz für den Reichsarbeitsdienst“, in dem es heißt: „Der Reichsarbeitsdienst ist Ehrendienst am deutschen Volke. Alle jungen Deutschen beiderlei Geschlechts sind verpflichtet, ihrem Volke im Reichsarbeitsdienst zu dienen. Der Reichsarbeitsdienst ist zur Durchführung gemeinnütziger Arbeiten bestimmt.“
Von nun an hatten alle Jugendlichen zwischen dem 18. und dem 25. Lebensjahr ihrer Dienstpflicht nachzukommen. Das galt ab sofort für die männliche Jugend, eine Regelung für die weiblichen Jugendlichen erfolgte erst 1939.
Die Kerngedanken
Wesentliche Vorstellungen des NS-Regimes waren die Erhöhung der Arbeitsmoral und die Überwindung von Klassengegensätzen. Erreicht werden sollte dies durch gemeinschaftliches Leben in Lagern, verbunden mit harter körperlicher Arbeit. Hinzu kam als zentrale Aufgabe des RAD der Aspekt der Erziehung. Ziel des Dienstes sollte sein, den „neuen nationalsozialistischen Menschen“ zu schaffen, der durch die Verschmelzung von den drei Grundelementen „Soldatentum, Bauerntum und Arbeitertum“ entsteht. (Hierl).
Die Praxis – RAD der männlichen Jugend
Für den männlichen Teil des RAD galt eine andere Umsetzung der o.g. Grundprinzipien als bei den weiblichen Jugendlichen. Er war eingesetzt für Tätigkeiten in der Forst- und Landwirtschaft, Moor-Entwässerung, Deichbau, gelegentlich auch für Rodungs- und Bauarbeiten für die Reichsautobahn. Einen Schwerpunkt bildete bis 1938 die Erntehilfe, da die Landwirtschaft in vielen Teilen Deutschlands unter Arbeitskräftemangel litt.
1938 trat eine entscheidende Wende ein: Der RAD wird für Arbeiten am Westwall und am Ostwall sowie am Bau von Stellungen und Flugplätzen eingesetzt und damit schon vor Kriegsbeginn für militärische Zwecke. Ab 1942 arbeitet der RAD im Osten gleich hinter der Front am Wege- und Anlagenbau und damit direkt für die Wehrmacht. Er war so zu einer Art „Bautruppe der Wehrmacht“ geworden. (Patel). 1943 kommt der Einsatz als Flakbatterien dazu, wofür die Arbeitsmänner effektiv ausgebildet wurden. Die nächste Stufe wurde 1944 erreicht, als die Arbeitsmänner nach einer regulären Grundausbildung auch Fronteinsatz zu leisten hatten.
Die Praxis – RAD der weiblichen Jugend
Auch bei den weiblichen Arbeitsdienstangehörigen war die Erziehung zu „pflichtbewussten Staatsbürgern“ ein wesentliches Ziel. Außerdem stand die Vorbereitung auf die spätere Rolle als „Frau und Mutter“ im Zentrum der Bemühungen.
Das Haupteinsatzgebiet des weiblichen Arbeitsdienstes war die Bauernhilfe. Insbesondere in landwirtschaftlichen Kleinbetrieben waren die Arbeitsmaiden in Haushalt und Garten und auch bei Erntearbeiten tätig. Wie beim männlichen Teil, waren auch die Mädchen normalerweise in Lagern untergebracht und wurden von dort zu ihren Einsatzstellen eingeteilt.
Im Kriegsjahr 1941 entstand ein sog. Kriegshilfsdienst (KHD). Der weibliche Arbeitsdienst sollte in Ämtern und Behörden, sowie in besonderem Masse in der Rüstungsproduktion als Ersatz für männliche Arbeitskräfte tätig werden. Der Fortgang des Krieges führte ab 1942/43 schließlich zur Verwendung der Arbeitsmaiden bei der Luftwaffe. Hier waren sie als Funkerinnen, für die Beobachtung und Meldung angreifender Bomberverbände und sogar als regelrechte Scheinwerferbatterien in der Flugabwehr eingesetzt.
Zeitzeugen
Einen direkteren Bezug zum Thema bieten zumeist persönliche Äußerungen von Zeitzeugen. Lesen Sie die in der Literatur und den Links zu findenden Berichte, vor allem kommen aber hier zwei ehemalige Angehörige des weiblichen Arbeitsdienstes zu Wort, die ihre Erinnerungen speziell für diesen Artikel verfassten:
Erna Subklew: Erinnerungen an die Zeit im Lager Podasch/Niederschlesien
Elisabeth Schaible: Meine Zeit im Lager Rothenburg o.T.
Nachbemerkung
Die Komplexität des Themas lässt eine weitergehende oder gar vollständige Behandlung des Themas in dem zur Verfügung stehenden Rahmen nicht zu. Für eine vertiefte Beschäftigung mit der Materie wird auf die vorhandene umfangreiche Literatur verwiesen.
Exemplarisch sollen einige Werke erwähnt werden, die u.a. auch als Quellen dienten:
Patel, Kiran Klaus: Soldaten der Arbeit, Göttingen 2003
Watzke-Otte, Susanne: „Ich war ein einsatzbereites Glied in der Gemeinschaft…“, Frankfurt/M. 1999
Links:
Der Reichsarbeitsdienst als Teil der Jugendschicksale
Umfangreiche Darstellung des „Lebendigen virtuellen Museums Online“
Zusammenfassung